Volle Auftragsbücher, kein Material: Handwerk unter Druck
23. August 2021Termine beim Handwerker vor Ort sind seit jeher begehrt. Daran hat Corona nichts geändert. Mehr Renovierungen und Hausbauprojekte in Deutschland bescheren dem Handwerk weiter volle Auftragsbücher. Doch es fehlt an tatsächlicher Substanz: dem Material. Deshalb droht im privaten Wohnungsbau laut Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) sogar ein Absacken des Marktes.
Auftragsstau: Material kommt manchmal erst nach über zehn Wochen
Es fehlt nicht nur an Holz, das zuletzt durch Materialengpässe als das neue „Gold des Bauens“ gehandelt wurde. Es fehlt vor allem auch an Elektronik, die unter anderem aus China kommt. Die Pandemie bringt hier den Materialfluss von Halbleitern und Kabeln ins Stocken. Es sind die Rohstoffe, die jeder Elektriker und Elektroniker braucht. Statt bisher durchschnittlich knapp neun Wochen Wartezeit, bis ein Bauauftrag bei einem Kunden erledigt werden kann, spricht der ZDH gerade von zehn bis zu 15 Wochen. Das liegt nicht an den Handwerkern, sondern oft daran wie schnell oder eben langsam Baumaterial geliefert werden kann.
Bauen wird teurer, Aufträge im Handwerk teils aber auch unrentabel
„Bauen wird teurer werden“, sagt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer der Deutschen Presseagentur. Denn manche Materialien kosten das Dreifache als vor der Corona-Pandemie. Die Preissteigerung muss an den Kunden weitergegeben werden. Oder es tritt das ein, was manche Handwerker schon diesen Sommer erlebt haben: Aufträge müssen abgelehnt werden.
Denn trotz voller Auftragsbücher lohnt sich manchmal der Einkauf von Materialien gar nicht mehr. Die Einkaufspreise sind durch die Materialknappheit von Baustoffen so teuer geworden, dass sich der Auftrag nicht mehr rechnet. Wer Minus machen würde, lässt lieber die Finger vom Auftrag.
Was Handwerker jetzt wissen müssen
Laut ZDH handelt es sich bei den Materialengpässen um ein langfristiges Problem. Daher sei man mit der Bundesregierung in Verhandlungen, dass zumindest bei öffentlichen Aufträgen Kostensteigerungen an Auftraggeber weitergegeben werden können. Auch soll es bei Verzögerungen von versprochenen Terminen bei Kunden keine Vertragsstrafen geben, wenn der Termin aufgrund von Materialknappheit nicht eingehalten werden kann.
Hintergrund des Rohstoffmangels im Handwerk sind aber nicht nur die Pandemie und der dadurch eingeschränkte Frachtverkehr. Auch die Konjunkturprogramme von USA und China saugen Material ab. Demnach wird die Situation auch nach Abflauen der Corona-Krise wohl weiter angespannt bleiben.